Hildegard von Bingen
Nach den letztjährigen Vorlesungen über Wiborada (St.Gallen) und Klara (Assisi) steht eine weitere grosse und faszinierende Frauengestalt des Mittelalters im Fokus: Hildegard von Bingen (1098–1179).
In einer Zeit, in der man es Frauen nicht zutraute, eigenständig zu denken und ihnen öffentliche Ämter in Gilden, Zünften oder Stadträten verwehrte, hatte Hildegard von Bingen das Charisma, öffentlich das Wort zu ergreifen und auch gehört zu werden. Sie stand als Ratgeberin in regem Briefwechsel mit den Mächtigen ihrer Zeit: Mit Päpsten, Kaisern, Bischöfen und Fürsten.
Bis heute zieht Hildegard von Bingen viele Menschen in ihren Bann. Ihre vom Gedanken der Einheit und Ganzheit geprägten Texte zeugen von ihrer Fähigkeit, in jedem Detail der Schöpfung das Ganze zu sehen und den grossen Zusammenhang alles Geschaffenen in der Liebe des Schöpfers zu erkennen, aber auch von ihrer Zuversicht, dass Gott auch die gebrechliche Wirklichkeit zum Guten führen wird. Dem Grundgedanken des «Ganzheitlich leben» folgend, verfasste Hildegard bahnbrechende natur- und heilkundliche Bücher.
Hildegard war eine vielseitige Frau: Benediktineräbtissin, Mystikerin, Visionärin, Theologin, Dichterin, Komponistin, Natur- und Heilkundlerin. Ihre musikalischen Werke werden noch heute auf Internetkanälen millionenfach angehört. Sich selbst bezeichnete Hildegard demütig (und wohl auch zum Selbstschutz) als «ungelehrt». Die Vorlesung bietet eine Einführung in das facettenreiche Leben der Hildegard von Bingen und in ihre inspirierenden Werke.
Dienstag, 9.30 bis 11 Uhr, Festsaal St.Katharinen, Katharinengasse 11, St.Gallen, 26.4., 3.5., 10.5. und 17.5.2022
Dozent | Diakon Thomas Reschke, Katholischer Seelsorger, Universität St.Gallen